Fahrt zur Demokratieerziehung –
Der Jahrgang 10 vom Kopi besucht Gedenkstätten in Berlin
Jede Schülerin und jeder Schüler soll einmal im Laufe seiner Schulzeit eine Gedenkstätte im Zusammenhang mit den Verbrechen, die im Namen des deutschen Staates zur Zeit der Nationalsozialisten begangen wurden, besucht haben.
Seit Jahrzehnten besteht jedes Jahr am Kopernikus-Gymnasium die Möglichkeit an einer Auschwitzfahrt teilzunehmen, was sich als freiwilliges Angebot an Oberstufenschüler*innen richtet und ca. 20 Teilnehmer*innen berücksichtigen kann. Häufig kam in den letzten Jahren aus den Reihen der Teilnehmenden die Anregung, viel mehr Interessierten diese Möglichkeit zu eröffnen. Als sehr engagierte Europaschule und Schule gegen Rassismus und mit Courage (SoRSmC) führte das Kopi dieses Jahr das erste Mal eine mehrtägige Gedenkstättenfahrt für den Jahrgang 10 durch, die jedem Schüler künftig die Erfahrung mit einer Gedenkstätte und somit vertiefende Einblicke in das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte ermöglichen soll.
Das Ziel war das KZ Sachsenhausen, 1936 errichtet in Oranienburg ca. eine halbe Stunde mit der Bahn nördlich von Berlin. Das Lager war ein Ausbildungsort für zukünftige KZ-Kommandanten und von Bewachungspersonal. Mit über 200.000 Gefangenen aus insgesamt 40 Nationen war Sachsenhausen zwar kein Vernichtungslager im eigentlichen Sinne, dennoch kamen mehrere Zehntausend Menschen hier durch Hunger, Kälte, Krankheiten oder Misshandlungen zu Tode. Tausende russische Gefangene wurden erschossen, medizinische Experimente wurden auch an Jugendlichen durchgeführt, bei denen ihr Tod in Kauf genommen wurde. Im Frühjahr 1945 erfolgte die Auflösung des Lagers und bei den so genannten „Todesmärschen“ von 33.000 Häftlingen sind Tausende von ihnen schließlich durch Erschöpfung zu Tode gekommen.
Neben für alle Schüler*innen sehr herausfordernde sechsstündige Kleingruppen-Seminare in Sachsenhausen, welche von Historikern begleitet wurden, standen in einem anspruchsvollem Begleitprogramm für die 120 Schüler*innen des Kopis u.a. ein Besuch in der Gedenkstätte „Topografie des Terrors“, dem „Mahnmal für die ermordeten Juden Europas“ oder ein Besuch des Jüdischen Museums auf dem Programm.
Der Besuch im Jüdisches Museum wurde unterstützt durch Museumspädagogen, die das jüdische Leben in Deutschland thematisierten.
Am Standort „Topografie des Terrors“ stand eine Übersicht über die Machtsicherung der Nazis im Mittelpunkt.
In der Gedenkstätte Deutscher Widerstand informierten sich die Lernenden über vielfältige Arten von Widerstand. Neben den bekanntesten Arten aus den Reihen des Militärs und eine Reihe von Attentatsversuchen gab es auch Widerstand von Jugendlichen, Kommunisten, der christlichen Kirche, Studenten etc. Dies zeigt, dass Widerstand möglich und sehr einfallsreich sein kann.
Im unterirdischen Informationszentrum beim Holocaust Mahnmal berührten insbesondere die Briefe von Juden in Gefangenschaft, die ihre Hoffnungen und ihren Wunsch nach Leben zum Ausdruck bringen – in der Ahnung, dass dies vergeblich sein würde.
Zusätzlich führten alle Klassen eine selbstorganisierte mehrstündige Stadtführung zu Orten der Demokratie und der Diktatur im abendlichen Berlin durch, die sich vom Potsdamer Platz bis zum Alexanderplatz zog. So blieb man dem Schwerpunktthema „Demokratieerziehung“ der Fahrt verpflichtet und konnte dennoch gleichzeitig viele Sehenswürdigkeiten der Bundeshauptstadt entdecken und die besondere Vielfalt dieser deutschen Metropole erkennen.
Der Deutsch- und Religionslehrer Herr Themann formulierte seine Eindrücke wie folgt: „Die Mischung aus grausamen und perfiden Details des Terrors, die Vertierung von Menschen und das Leid auf der einen – und dann der wunderschöne Sonnenausblick auf dem Hotel und Berlin bei Nacht auf der anderen Seite – diese Polarität, dieser Kontrast steht für mich für diese Fahrt. Das Brandenburger Tor mit den Farbflecken, verschiedenste Nationalitäten, Sprachen und Lebensentwürfe in den Straßen, Neu neben Alt,… viele, große und starke Eindrücke, die auch für unsere Demokratie stehen und für die wir einstehen sollten.“
Als Produkt der Fahrt werden die Schülerinnen und Schüler eine digitale Ausstellung über ihre Fahrterfahrungen erstellen. Am wichtigsten bleiben aber die vielen Erfahrungen und persönlichen Eindrücke, die alle Teilnehmenden hinsichtlich des schrecklichen NS-Terrors gewonnen haben. Bereits während der Fahrt gab es viele Gespräche mit den begleitenden Klassenleitungen und dem Exkursionsleiter Sascha Drescher, der sich am Kopi für Fahrten zur politisch-geschichtlichen Bildung verantwortlich zeigt und der diese neue verpflichtende Fahrt mit großem Engagement vorbereitet hat.
Auch Schulleiter Mark Bauer hat die erste Fahrtengruppe begleitet und zeigte sich tief beeindruckt, wie ernsthaft und wissensdurstig sich viele Schüler*innen beteiligten und das sehr umfangreiche Programm mit allen emotionalen Herausforderungen absolvierten.
Eine Schülerin fragte Herrn Bauer am Ende, ob es wirklich Schulen gebe, die sich nicht am Projekt „SoRSmC“ beteiligen und wie das denn möglich sei. Der Schulleiter ergänzte kritisch fragend, weshalb derartige Fahrten nicht für alle Schulen verpflichtend seien und breit gefördert werden. Das Kopi erhielt nach Beantragung umfangreiche Fördermittel und die Schulgemeinde ist froh, dass dadurch – gerade in der aktuell sehr unruhigen Zeit – mehr Möglichkeiten zur Demokratieerziehung genutzt werden können.